Segelreise 2016 (Teil 4)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4
Teil 3: Tag 5 – 6

Tag 7

Nachtsegeln

Wir haben Wale gesehen! Holy shit, das ist unglaublich. Drei Schweinswale schwammen an uns vorbei und winkten uns zu. Aber ich greife vor. Eigentlich sind wir ja noch in Helsingør.

In Helsingør blieben wir bis zum späten Nachmittag, weil wir die kommende Nacht durchsegeln wollten. Das war am Morgen noch nicht hundertprozentig klar, denn nach dem Frühstück zog eine dicke Nebelfront auf, die alles im Hafen verschluckte. Schiffe, die in sie hineinfuhren, sahen aus, als würden sie nie wiederkommen. Der Nebel zog am Vormittag weiter, so dass wir später wieder freien Blick auf die Kronborg hatten.

Dort zog es mich dann auch hin. Ich umrundete die Burg, lief am Strand und an Schiffswerften vorbei und sammelte den ein oder anderen Cache. Helsingør ist echt schön.

Gegen 17 Uhr fuhren wir dann los. Auf dem Weg in die Nacht hinein sahen wir die bereits erwähnten Wale und einen wunderschönen Sonnenuntergang. Das klingt alles ziemlich kitschig, aber es war in der Tat sehr schön. Während die Sonne unterging, hörte ich (Shuffle sei Dank) „21st Century Digital Boy“ von Bad Religion. Besser kann ein Kontrast nicht sein.

Die Navigation in der Nacht wurde so eingeteilt, dass jede Person, die wollte, auch konnte. Ich übernahm die Navigation um 21:30 Uhr. Im Unterschied zum Tag ist es in der Nacht dunkel, das weiß jedes Kind. Fürs Steuern bedeutet das weniger Fixpunkte als sonst. Ich musste mich an Leuchttürmen orientieren, die ich kaum wahrnehmen konnte. Ich denke, ich habe das gut hinbekommen. Es war ziemlich aufregend und auf jeden Fall wert, es gemacht zu haben.

Als ich mich vom Steuer abwandte, sah ich zum ersten Mal den Mond, der das Heck des Schiffes beleuchtete und sich im Wasser spiegelte. So etwas habe ich noch nicht gesehen, es war beeindruckend. Dazu die Milchstraße und wir sind wieder bei der Kitschigkeit, die hier auf See und für alle Anwesenden keine ist.

Tag 8

Sejerø

Gegen 5:30 Uhr ankerten wir einen Kilometer vor Sejerø. Etwas später am Morgen legten wir am Hafen dort an. In Sejerø blieben wir den ganzen Tag. Den habe ich genutzt, um zum Leuchtturm „Sejerø Fyr“ zu wandern. Ich erreichte ihn nach 1,5 Stunden, die sich etwas gezogen haben. Hier war eher das Ziel das Ziel und nicht der Weg.

Der Leuchtturm ist nett. Ich würde sagen, ein grundsolider Standard-Leuchtturm. Vielleicht guckt er ein bisschen komisch.  In der Nähe gibt es auch einen Cache, den ich beim zweiten Anlauf gefunden habe (ich wollte nicht ohne zurück). Der Cache wurde 2005 gelegt. Schön, dass es ihn noch gibt.

Heute Abend haben wir gegrillt. Es regnet gerade ein bisschen und deshalb sitzen wir unter Deck und spielen Saboteur. Ich bin ein guter Zwerg.

Tag 9

Nyborg

Jemand hat mir ein Bier geklaut, weshalb ich heute nicht in Schreibstimmung bin. An die Person, die es betrifft: Das war nicht gut. Das nächste Mal, wenn dir etwas schlechtes passiert, denk an deinen Bierklau und daran, dass du es verdient hast. Beim nächsten Mal frag einfach.

Wir sind heute von Sejerø bis nach Nyborg gesegelt. Zum Abend gab es Cordon Bleu. Over und out.

Tag 10

Lohals

Wir haben Menschen mit den unterschiedlichsten Interessen und Talenten an Bord. So ist es nicht verwunderlich, dass sich jemand finden ließ, der sich über Nacht des Bierklaufalles annahm und diesen mit Sherlock-Holmes-mäßigem Spürsinn sogar lösen konnte. Es stellte sich heraus, dass es gar kein Klau sondern ein Versehen war. Quasi eine Aneinanderreihung unvorhergesehener Vorkommnisse. Lieber Bierklauer, der du keiner bist: Entschuldige bitte, dass ich dir schlechtes gewünscht habe. Ich nehme das in aller Form zurück!

Nyborg ist eine schöne kleine Stadt. Hier ging ich heute früh nochmal spazieren, bevor wir nach dem Frühstück ablegten. Die See war sehr ruhig und der Tag relativ ereignislos. Am späten Nachmittag kamen wir im Hafen von Lohals an. Lohals ist ein kleiner Ort auf Langeland. Eine Insel mit einem Namen, der nicht gerade kreativ ist, aber dafür keine Fragen offen lässt. In Lohals soll es einen schönen Wald geben, den ich aber leider nicht gesehen habe. Beim nächsten Mal vielleicht.

Zum Abend gab es Schmorgurken. So wie die Pippilotta ein Traditionsschiff ist, dass es zu schützen gilt, sind Schmorgurken ein Traditionsgericht, das ich schon ganz vergessen hatte.

Segelreise 2016 (Teil 3)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4

Tag 5

Øresundsbrücke

Heute ging es gleich früh am Morgen los. Unsere Gruppe war dran mit Navigieren und ich konnte ans Steuer. Die letzten Male habe ich fast nur über den Kompass navigiert, aber dieses Mal hatte ich die Øresundbrücke und Windräder vor mir, so dass ich direkt Fixpunkte hatte, an denen ich den Kurs erkennen konnte. Auch ein paar Schiffen musste ich ausweichen, was eine gute Abwechslung zum Geradeausfahren bot.

Heute herrschte kein Wind, die See war teilweise spiegelglatt. Die Segel blieben deshalb drin und wir fuhren nur mit Motor.

Nachdem wir unter der Øresundbrücke hindurchgefahren waren stoppten wir für eine Badepause. Die ganz ganz ganz harten sprangen von allen möglichen Höhen ins Wasser oder benutzten ein Seil als Liane.

Es dauerte nicht mehr lange bis wir Malmö erreichten. Hier legten wir an und erkundeten die Stadt. Heute war der letzte Tag des Malmö Festivals. Überall gab es Musik, Bühnen und Fahrgeschäfte. Und Zuckerwatte. Wo Segeln auch Verzicht von bestimmten alltäglichen Dingen bedeutet, gab es hier nun alles und viel mehr. Im speziellen hieß das Jack-Daniels-Burger und Brooklyn East India Pale Ale. Das Leben kann sehr schön sein.
Nach einigem Hin und Her auf der technischen Seite habe ich sogar einen Geocache in Hafennähe finden können. Mein erster Schwede, ich freue mich wie Bolle.

Tag 6

Helsingør

Heute legten wir noch vor dem Frühstück ab und steuerten Helsingør an. Das Leben an Bord ist schon seit ein paar Tagen routiniert was die einzelnen Aufgaben der Gruppen betrifft. Von A wie abwaschen über M wie Messing putzen bis Z wie Zeising festmachen weiß jeder, was zu tun ist. Schon am Nachmittag legten wir in Helsingør an. Das ist in Dänemark, gegenüber in Schweden liegt Helsingborg. Was das mit Van Helsing und Vampiren zu tun hat, weiß ich nicht und Transsylvanien steuern wir nicht an.

Es scheint als erwarten uns in allen Städten, in denen wir seit Malmö anlegen irgendwelche Feste. In Helsingør gab es ein historisches Straßenfest am Hafen, inklusive Männern mit drei Beinen, Frauen mit Vollbart und einer Dame ohne Unterleib. Und natürlich Softeis.

Helsingør ist bekannt für die „Kronborg“. Das ist das Schloss, in dem Shakespeare Hamlet hat spielen lassen. Morgen werden wir erst am späten Nachmittag ablegen, vielleicht werde ich das mal erkunden.

Segelreise 2016 (Teil 2)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1

Tag 2

Klintholm

Der Deutsche Wetterdienst Hamburg bestätigte, was wir vermutet haben. Der Wind steht ungünstig, so dass wir es wahrscheinlich nicht wie nach Plan nach Göteborg schaffen werden, ohne ausgiebig vom Motor Gebrauch zu machen. Unser neues Ziel ist deshalb Malmö und dann sehen wir weiter.

Bevor es heute losging mussten noch ein paar Vorbereitungen getroffen werden. Ich war für das Pumpen des Gases verantwortlich. So konnte ich auch mal den Maschinenraum der Pippilotta sehen.

Den Start habe ich vom Naviraum aus erlebt, da jemand gesucht wurde, der sich mit Technik und Strom und so Zeugs auskennt. Das war etwas vage, aber anscheinend war ich der richtige dafür. Konkret sollte ich einen stationären Computer klarmachen und darauf Seekarten installieren sowie GPS und AIS einrichten. Hat alles geklappt.

Auf See wurden wir vom Regen überrascht. Der kam zusammen mit einem Baby-Tornado, wie der Kapitän ihn nannte. Das ganze war schnell wieder vorbei, sorgte aber einiges an Aufregung. Danach kam Sonnenschein, den die ganz harten für eine Badepause nutzten.

Gegen 17 Uhr legten wir am Hafen von Klintholm an. Schöner Hafen, schöne Strände, schöne Schiffe, aber die Pippilotta ist sowieso die schönste. Das ist klar. Morgen geht’s weiter.

Tag 3

Rødvig

Heute hatten wir ziemliche Flaute. Unsere Geschwindigkeit erreichte ohne Motor maximal 3 Knoten, meist war es aber weniger. Teilweise war die Strömung von vorne so groß, dass wir standen. Dementsprechend lässig ging es heute zur Sache. Manch einer nutzte die Zeit um zu angeln. Es wurde sogar ein dicker Dorsch gefangen. Außerdem gab es am Nachmittag Zimtschnecken. Himmlisch!

Wir passierten die Kreidefelsen von Møn. Der Anblick war spektakulär. Am späten Nachmittag schmissen wir dann den Motor an, um den Hafen von Rødvig zu erreichen. Das Anlegen war Millimeterarbeit, da hier ziemliche Enge herrschte.

Nach dem Anlegen bat mich der Kapitän noch einmal um Hilfe mit ein paar Coputersachen. Zwei von drei konnte ich lösen, den Rest hoffentlich morgen.

Rødvog ist ziemlich schön. Wegen der Nähe zu Kopenhagen überlegen wir, hier einen Tag zu bleiben und morgen Nacht erst weiter zu fahren. Nachtsegeln wollen wir unbedingt noch.

Tag 4

Køge

Planänderung. Wegen der Enge zwischen Køge Bucht und Øresund und dem dementsprechenden Schiffsverkehr dort wäre es unsinnig gewesen, das in der Nacht in Angriff zu nehmen. Wir legten deshalb gleich nach dem Frühstück ab und segelten ohne große Vorkommnisse nach Køge. Hier gibt es hinter uns eine Destillerie und vor uns einen Guinness-Pub, der sich allerdings bei genauerem Hinsehen als Party-Location für Teeny-Touris entpuppte. Touris sind wir natürlich nicht, sondern eisenharte Seemänner und -frauen.

So ganz ohne Ereignisse war der Tag dann aber doch nicht. Ich habe heute den Roman „Unternehmer“ von Matthias Nawrat ausgelesen. Ich las ihn auf die Empfehlung von Bov Bjerg, die er in einem Interview über seinen Roman „Auerhaus“ ausgesprochen hatte. Auerhaus ist toll und Unternehmer hat mir auch sehr gefallen. Es geht um eine Familie, die versucht, im kaputten Deutschland der Zukunft zu überleben. Die Geschichte ist aus der Sicht der 13jährigen Lipa geschrieben und dementsprechend lakonisch erzählt. Das Erwachsenwerden und die Werktätigkeit sind zentrale Themen. Es ist einfach wunderbar und oft auch erschütternd. Ich lasse den Roman mal wandern, vielleicht liest ihn noch jemand.