Segelreise 2018 (Teil 1)

Tag 0 – Kappeln

Es geht wieder los. Nach einem Jahr Segelpause geht es wieder auf große Fahrt, für mich zum nun dritten Mal. Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, dass ich regelmäßig Segeln fahren würde, noch dazu auf einem Traditionsschiff mit 20 bis 30 Leuten – ich hätte es echt nicht glauben können.

Wir sind heute gegen 19:30 Uhr in Kappeln am Hafen angekommen und konnten direkt aufs Schiff. Viele kamen heute schon und einige werden morgen noch anreisen. Mehr als Ankommen gab es heute auch nicht groß. Es gibt ein paar optische Veränderungen auf der Pippilotta. Im Salon wurde neu gestrichen, es gibt hier und da Blumentöpfe und in einer Kajüte sogar eine neue Wand. An sich bleibt das Schiff aber vertraut wie eh und je.

Tag 1 – von Kappeln nach Lyø

Heute hieß es: Früh aufstehen und auf die Lieferung unserer Lebensmittel und Getränke warten … und warten … und warten.

Irgendwann kam die dann auch und wir verwendeten unsere ganze Tetris-Erfahrung, um die Massen an Kisten sicher unterzubringen. Bis Mittag kam dann auch der Rest der Crew, inklusive Kapitän.

Kurs darauf ging es dann raus aus Kappeln, wo wir von zahlreichen Schaulustigen und Möwen verabschiedet wurden. Kurz nachdem wir auf offener See waren, stellte uns der Kapitän das Schiff vor und klärte uns über die Gefahren des Untergehens, Abbrennens oder des Von-Bord-Gehens auf.

Viele von uns sind mittlerweile alte Hasen, was das Segeln mit der Pippilotta angeht. Das heißt, wir sind so alte Hasen, dass wir altersbedingt viele Sachen vergessen haben. Wie wird belegt? Wo kommen die Messer hin? Wie geht der Ofen an? Zum Glück konnte das alles schnell wieder aufgefrischt werden. So wurden die Segel gehisst und Fahrt aufgenommen.

Unser Ziel heute war Lyø. Über diese Insel ist an anderer Stelle schon viel gesagt worden. Sagen wir mal so – sie könnte auch „Helene-Insel“ genannt werden.

Da es nicht fehlen darf: Zum Abendbrot gab es Nudeln mit Spinatsauce.

Morgen früh werde ich nochmal über die Insel wandern. Hier gibt es noch einen Cache, den ich noch nicht gefunden habe. Ich freue mich auf morgen!

Tag 2 – von Lyø nach Lohals

Der Tag heute begann mit einer kleinen Wanderung. Ich stand um 7 Uhr auf, um die vom Hafen gegenüber liegende Seite von Lyø zu erreichen. Dort sollte der letzte Cache liegen, den ich auf der Insel noch nicht gefunden habe. Die Entfernung zur anderen Seite beträgt Luftlinie ca. 2 km.

Auf dem Weg kam ich zuerst durch das Dorf Lyø mit seinem Einkaufsladen und seinen Bauernhöfen. Den größten Teil der Strecke bildete ein schnurgerader Weg direkt zur See. Das besondere daran waren die vielen Hasen, die vor mir liefen. Es war, als ob sie mir zeigen wollten, wo es lang geht. Links und rechts flogen Vogelschwärme über die Felder, so dass ich kurz dachte, ich wäre in einem Disney-Film. Es hätte mich jedenfalls nicht gewundert, wenn die Vögel auf einmal angefangen hätten, zu singen oder einer der Hasen die fehlende Zeit beklagt und mich in seinen Bau gelockt hätte. Glücklicherweise war das nicht der Fall und die Hasen führten mich direkt zur Küste. Die war wunderschön und nach einigem Hin und Her habe ich auch den Cache gefunden. Ich glaube, den hatte ich vor zwei Jahren schon erfolglos gesucht.

Zurück ging es dann wieder zusammen mit den Hasen Richtung Lyø Hafen.

Abgelegt haben wir um 11 Uhr mit dem Ziel, den wunderschönen aber (für uns) genauso schwer navigierbaren Svendborgsund zu passieren und Lohals zu erreichen.

Gestern ist uns aufgefallen, dass uns die Zeisinge ausgegangen sind. Deshalb hat uns der Kapitän heute gezeigt, wie man astreine Zeisinge baut. Das ist im Prinzip ganz einfach und geht so:

Zuerst nimmt man ein Seil von einer Kapitänslänge. Dann spleißt man ein Ende auf und klebt die drei Kardeele mit Kreppband ab. Dann bildet man ein Auge, spleißt das Seil ein wenig und flechtet die aufgespleißten Enden in die Öffnungen ein, ausgehend vom mittleren Ende. Das Kreppband entfernt man und siehe da, es ist ein Zeising. Man muss jedoch aufpassen. Vergisst man am Ende das n, entsteht daraus ein Zeisig. Der singt zwar schöner, eignet sich aber weniger gut dazu, die gerafften Segel zusammenzuhalten.

Nachdem wir in Lohals angekommen waren, hatte unsere Gruppe Kochdienst fürs Abendessen. Heute gab es Reis mit Erdnusssauce.

Danach haben wir noch den Sonnenuntergang angesehen. Ich hatte kurz die Angst, dass die Sonne nicht mehr auftaucht. Ich hoffe, sie kommt morgen wieder.

Segelreise 2016 (Teil 6)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4
Teil 3: Tag 5 – 6
Teil 4: Tag 7 – 10
Teil 5: Tag 11 – 12

Tag 13

Maasholm

Heute war ich früh wach, so dass ich mir den Sonnenaufgang ansehen konnte. Wurde ja auch mal Zeit. Søby war unser letzter Hafen in Dänemark. Wegen eines für morgen angekündigten Unwetters werden wir heute schon Deutschland ansteuern, so dass wir morgen nur noch eine kurze Strecke bis nach Kappeln zurücklegen müssen. Deshalb fuhren wir heute nach Maasholm. Auf dem Weg dahin haben wir eine Segelregatta mit etlichen Schiffen gesehen.

Maasholm ist ein kleines Fischerdorf, das schon mehrfach die Auszeichnung „Schönstes Dorf Schleswig-Holsteins“ gewonnen hat. Hier gibt es auch eine der kleinsten Kirchen Deutschlands. Mehr Superlative fallen mir gerade nicht ein, nur dass hier echt viele Menschen unterwegs sind. Jedenfalls müssen wir morgen recht früh los, da ansonsten die Kaffeedampfer anlegen und hier noch mehr los sein wird.

Morgen schon ist alles vorbei. Ich erinnere mich noch gut daran, wie alles losging. Wie die Essens- und Getränkelieferungen kamen und wie ich aus dem Beiboot … da fällt mir ein, dass die letzte Nacht auch immer die feuchtfröhlichste ist. Da werden Bierkästen von denen hingestellt, die sich verkalkuliert haben und nicht alles geschafft haben, so dass diejenigen, die sich verkalkuliert haben und zu früh alles geschafft haben, nicht auf dem Trockenen sitzen müssen. Dementsprechend heiter war auch die Stimmung am Abend und in der Nacht.

Das ist übrigens nicht das einzige Logbuch hier. Es ist ja eher mein persönliches, das ich gerne teile, wohl wissend, dass niemanden außer mich interessiert, worum es in Matthias Nawrats „Unternehmer“ geht. Trotzdem teile ich das natürlich gerne. Das richtige Logbuch jedenfalls liegt gerade an Bord und dort kann jeder reinschreiben oder -zeichnen, der Lust hat. Ich habe lange überlegt, was ich dort reinschreiben kann. Vielleicht eine Passage aus meinen Aufzeichnungen, wie die Sage von Skræphat. Ich war unsicher, denn ich hatte die ganze Reise über schon etwas ganz anderes im Hinterkopf, das ich gerne umsetzen wollte, und zwar ein Soziogramm der Crew, also eine Übersicht wer wen über wen kennt. Ich hielt das eigentlich für ziemlich creepy und dachte mir, dass das nicht gut ankommen würde. Ich bin ja nicht der Crew-Stalker. Alle, denen ich von der Idee erzählt habe, fanden das allerdings gut und so nahm ich das heute Abend in Angriff. Hier ist das Resultat, allerdings aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen so verkleinert, dass man die Namen nicht richtig lesen kann. Ich wollte es euch aber nicht vorenthalten.

Soziogramm

Tag 14

Kappeln

Das Unwetter hat uns letzte Nacht in Maasholm erwischt. Es hat geschüttet, gestürmt, geblitzt und gedonnert. Letzteres beschreibt das Geräusch ganz gut, das die leeren Flaschen machten, als sie über das Deck geflogen sind. Aber geschlafen haben ja eh die wenigsten.

Der Weg nach Kappeln ist kurz und ich will es auch nicht länger machen als nötig. Wir hatten Frühstücksdienst und mussten parallel unsere Sachen packen. Als wir nach dem Abwasch an Deck gingen, waren wir schon in Kappeln. Jetzt hieß es Kette bilden und Seesäcke, Rucksäcke, Müllsäcke und alles andere von der Pippilotta auf den Kai befördern. Das ging ratzfatz und als wir alles auf einem Haufen sahen, erreichte die Abschiedsstimmung den bisherigen Höhepunkt. Wir machten ein Gruppenfoto und es wurden einige Worte zum Abschied gesagt. Danach machten sich die ersten auf den Weg Richtung Heimat. So wurden wir langsam immer weniger. Es ist nicht nur der Abschied untereinander, der so schmerzt. Viele von uns sehen sich regelmäßig. Es ist vielmehr das vorläufige Ende einer ganz besonderen Zeit ohne die großen Sorgen des Alltags. Der kommt nun von jetzt auf gleich.

Ich kenne keinen, dem die Segelreise nicht gefallen hat. Neue Freundschaften wurden geschlossen. Vage Freundschaften wurden gestärkt und alte Freundschaften wurden zementiert. So ziemlich jeder würde am liebsten einfach weitersegeln, aber das echte Leben ruft. Die meisten haben noch ein paar Tage frei und können die Seeentwönung ruhig angehen. Das ist auch nötig, denn nach zwei Wochen schwankt es vor allem an Land. Das ist so seltsam und so trügerisch, da fragt man sich doch, was das echte Leben nun eigentlich ist.

Segelreise 2016 (Teil 5)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4
Teil 3: Tag 5 – 6
Teil 4: Tag 7 – 10

Tag 11

Lyø

Wir haben einen Saboteur unter uns. Er will verhindern, dass wir das Gold erreichen und alles für sich haben. Ich bin es nicht, das müsst ihr mir glauben. Ich bin ei guter Zwerg.

Wir haben viele gute Spiele an Board. Saboteur ist nur eines davon. Desweiteren haben wir z.B. Cards Against Humanity, Fluxx, Exploding Kittens und Pictureka. Jeden Abend wird etwas anderes gespielt. Ein Highlight war auch „Der wahre Walter“. Eine genauere Beschreibung würde zu weit gehen, alle Beteiligten wissen, was ich meine.

Heute früh ging es dann los Richtung Skarø. Dort waren wir schon vor zwei Jahren. Das ist die Insel mit dem dreieckigen Fußballplatz und der Eisfabrik.

Die Sonne hat heute richtig geknallt als wir durch den Svendborgsund gesegelt sind. Hier war die Strömung stark und die Kurven scharf. Das war schon nicht mehr Steuern für Anfänger.

Der Hafen von Skarø war belegt, deshalb müssen wir vorerst auf Eis verzichten. Wir legten deshalb in Lyø an, wo es dafür vorzügliches Bier gab. Eine Crew mit pro Kopf mindestens zwei Kästen Bier ist da nicht leicht zu beeindrucken, aber das Bier in Lyø ist echt gut.

In Lyø haben wir fürs Abendbrot zu dritt zwölf einhalb Kilo Kartoffeln geschält. Das war ein Bonding Moment, Potato Krew 4-Life.

Während wir Kartoffeln schälten, erkundeten einige von uns den Hafen und den Strand. Dort trafen sie ein älteres Paar, das ihre Enkelin Helene suchte. Sie sprachen schon viele Leute an, aber niemand konnte helfen. Wir fragten, was los ist und sie erklärten uns, dass Helene schon einige Zeit verschwunden ist. Da wir schon den Bierklaufall gelöst hatten, erschien das nicht weiter schwer. Wir riefen einmal laut „HELENE!“ und sie antwortete sofort – als hätte sie drauf gewartet – mit „Ja?“. Wie es aussah, saß sie einfach nur mit einem Jungen am Strand. Damit Helene auch etwas fürs Leben lernt – haben schließlich etliche Pädagogen unter uns – musste sie auf dem Weg zu ihren Großeltern an uns vorbei und natürlich hatte jeder einen schlauen Spruch parat. Quasi Walk of Shame. Und den durfte nicht nur Helene bestreiten, sondern auch ihr Strandfreund.

Lyø ist sehr schön. Auch hier waren wir vor zwei Jahren. Ich erinnere mich, die Insel bei der letzten Segelreise umrundet zu haben, bevor es Frühstück gab. Dementsprechend klein ist sie.

So, Abendbrot ist fertig. Heute gibt es Bratwurst mit Kartoffeln, Zwiebeln und Sauerkraut.

Tag 12

Søby

Lyø ist immer noch sehr schön, aber auch ganz schön seltsam. Es gibt hier einige Sagen, wie z.B. die von Skræphat.

Pfarrer Søffren Jensen (1632–1675), genannt Skræphat, war ziemlich krass drauf. Er trieb nebenberuflich Steuern ein und war dabei nicht zimperlich. Einer Bauersfrau, die nicht das nötige Geld hatte, schlug er so heftig in die Fresse, dass sie daran starb. Obwohl die Sache zunächst vertuscht wurde, fand der Pfarrer keine Ruhe mehr (der arme Mann!). Bis heute wandert er ruhelos und schleppenden Schrittes über die Insel.

Ich habe den jetzt nicht gesehen, war aber auch nicht lange genug auf Lyø, um das nicht zu glauben.

Heute machten wir uns auf den Weg zur Insel Ærø. Langsam werden wir wehmütig, denn die Reise neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Bald sind wir wieder alle in irgendwelchen Städten und machen das, was wir so machen. Noch sind wir allerdings in der Dänischen Südsee. Das wenige, das hier im Grunde möglich ist, bedeutet uns viel und das nutzen wir noch aus.

Obwohl ich heute viel Zeit hatte, komme ich nur schwer mit meinem Roman voran: Doris Lessing – Memoiren einer Überlebenden. Es geht um eine Frau am Fenster, einem Mädchen und einer Wand, durch die man seltsame Dinge sehen kann. Es ist bisher sehr gut, aber ich habe das Gefühl, ich muss jeden Satz fünfmal lesen.

Am Nachmittag legten wir in Søby auf Ærø an. Hier machten einige noch Party, aber ich ging nach einer Partie Fluxx schlafen. Partys mag ich schon im echten Leben nicht.

Ich schlafe übrigens seit einigen Nächten im Salon. Da schnarcht keiner und ich habe mehr (ich bin dort fast alleine) oder weniger (irgendwann in der Nacht werden dort immer Flaschen runtergebracht und mit Schmackes in die Kästen geschmissen) meine Ruhe.

Ach ja, zum Essen gab es Chili con Carne.