Im Höhrsaalklo ist die Hölle los

Alle tausend Jahre öffnet sich irgendwo auf der Erde ein Tor in eine Parallelwelt. Um solch ein Tor zu durchschreiten, muss man unglaubliches Glück haben und in Drachenblut gebadet haben. So oder so ähnlich ist der Stoff, aus dem Fantasy-Geschichten sind. Die Wahrheit ist weniger glamurös, wenn auch nicht weniger mysteriös.
Es war ein Tag wie jeder andere. Ich war auf dem Weg ins Hörsaalgebäude. Bevor mich jedoch vollends der Vorlesung hingeben konnte, musste ich noch einmal aufs Klo, was nicht weiter spektakulär ist, ich geb’s zu. Die Tür zum Herreklo stand einen Spalt auf. Ich hätte im nachhinein aufmerksamer sein müssen, denn hätte ich genauer hingeschaut, wären mir sicher Nebelschwaden bestehend aus dunkelster Energie aufgefallen, die sich wie Krallen durch den Türspalt drängten. Ich öffnete die Tür zum Händewaschraum und sah abgeplatzte Fliesen, manisch flackerndes Licht es stank bestialisch und die Luft war zum Schneiden. Also alles in allem nichts ungewöhnliches. Das ungewöhnlichste kommt jetzt: als ich die Tür zum Toilettenteil öffnete, sah ich einen Studenten direkt vor mir, den Rücken zu mir gerichtet. Präziser formuliert: er hatte den nackten Arsch zu mir gerichtet. Noch genauer: Nicht nur der Arsch guckte mich an, sondern auch der Handrücken seiner arschabwischenden Hand. Um im Fantasy-Jargon zu bleiben: Eine behaarte Bestie wischte sich vor meinen Augen den Hintern ab. Warum er das nicht in einer Kabine tat, weiß ich nicht und wir fehlte auch die Schlagfertigkeit, ihn zu Fragen. Als ich jedoch selbst in eine Klokabine ging, hatte ich die Vermutung, dass auch in seiner Kabine weder Klopapier noch Spühlmechanismus vorhanden war. Irgendjemand hat wohl die ganzen Spühlketten geklaut und trägt sie als Zierrat.
Als ich mit allem fertig war, verschloss ich beim hinausgehen das Dimensionstor und hoffe, ich habe die nächsten tausend Jahre Ruhe.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

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