Aufriss um Abriss

Als ich vor einiger Zeit mit meiner Freundin durch die leipziger Innenstadt geschländert bin, ist uns ein Geschäft aufgefallen, das auf einem Plakat verkündete, nur noch wenige Tage geöffnet zu sein und es deshalb dicke Prozente regnet. Meine Freundin meinte: „Das steht da bestimmt noch ewig.“ Denkste Puppe! Das komplette Haus wurde abgerissen, zur Freude aller vorwiegend männlichen Zuschauer. Wer will nicht mal sehen, wie ein Kran ein Haus einreißt. Ich gesellte mich zu den anderen Gaffern und wir bildeten eine Gruppe, die wie von einem unsichtbaren Band zusammengehalten wurde. Wir vergötterten diesen Kran. Wer hat als Kind nicht schonmal davon geträumt, mit Kränen Häuser einzureißen? Es war für uns so, als würden wir vor einem Spiegel stehen, der uns die geplatzten Träume der Kindheit zeigt.
Ich bin dann allerdings schnell wieder gegangen. Erstens war es sehr kalt und zweitens finde ich es wirklich unhöflich, wenn man mit geplatzten Träumen vor meiner Nase herumwedelt.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

Ein Gedanke zu „Aufriss um Abriss“

  1. na dann komm mal schnell nach eberswalde. das pfennigland („nur noch für kurze zeit“) wird bestimmt auch jeden moment abgerissen!

    nee, aber mal im ernst. ich versteh es nicht, wie männeraugen strahlen können, wenn etwas mühsam erbautes so ohne weiteres kaputt gemacht wird. aber muss ich ja auch nicht. männer verstehen ja auch nicht, warum mädchen zwanzig paar schuhe brauchen oder sich stundenlang in kosmetikläden („rossmann“) aufhalten können.

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