Segelreise 2016 (Teil 5)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4
Teil 3: Tag 5 – 6
Teil 4: Tag 7 – 10

Tag 11

Lyø

Wir haben einen Saboteur unter uns. Er will verhindern, dass wir das Gold erreichen und alles für sich haben. Ich bin es nicht, das müsst ihr mir glauben. Ich bin ei guter Zwerg.

Wir haben viele gute Spiele an Board. Saboteur ist nur eines davon. Desweiteren haben wir z.B. Cards Against Humanity, Fluxx, Exploding Kittens und Pictureka. Jeden Abend wird etwas anderes gespielt. Ein Highlight war auch „Der wahre Walter“. Eine genauere Beschreibung würde zu weit gehen, alle Beteiligten wissen, was ich meine.

Heute früh ging es dann los Richtung Skarø. Dort waren wir schon vor zwei Jahren. Das ist die Insel mit dem dreieckigen Fußballplatz und der Eisfabrik.

Die Sonne hat heute richtig geknallt als wir durch den Svendborgsund gesegelt sind. Hier war die Strömung stark und die Kurven scharf. Das war schon nicht mehr Steuern für Anfänger.

Der Hafen von Skarø war belegt, deshalb müssen wir vorerst auf Eis verzichten. Wir legten deshalb in Lyø an, wo es dafür vorzügliches Bier gab. Eine Crew mit pro Kopf mindestens zwei Kästen Bier ist da nicht leicht zu beeindrucken, aber das Bier in Lyø ist echt gut.

In Lyø haben wir fürs Abendbrot zu dritt zwölf einhalb Kilo Kartoffeln geschält. Das war ein Bonding Moment, Potato Krew 4-Life.

Während wir Kartoffeln schälten, erkundeten einige von uns den Hafen und den Strand. Dort trafen sie ein älteres Paar, das ihre Enkelin Helene suchte. Sie sprachen schon viele Leute an, aber niemand konnte helfen. Wir fragten, was los ist und sie erklärten uns, dass Helene schon einige Zeit verschwunden ist. Da wir schon den Bierklaufall gelöst hatten, erschien das nicht weiter schwer. Wir riefen einmal laut „HELENE!“ und sie antwortete sofort – als hätte sie drauf gewartet – mit „Ja?“. Wie es aussah, saß sie einfach nur mit einem Jungen am Strand. Damit Helene auch etwas fürs Leben lernt – haben schließlich etliche Pädagogen unter uns – musste sie auf dem Weg zu ihren Großeltern an uns vorbei und natürlich hatte jeder einen schlauen Spruch parat. Quasi Walk of Shame. Und den durfte nicht nur Helene bestreiten, sondern auch ihr Strandfreund.

Lyø ist sehr schön. Auch hier waren wir vor zwei Jahren. Ich erinnere mich, die Insel bei der letzten Segelreise umrundet zu haben, bevor es Frühstück gab. Dementsprechend klein ist sie.

So, Abendbrot ist fertig. Heute gibt es Bratwurst mit Kartoffeln, Zwiebeln und Sauerkraut.

Tag 12

Søby

Lyø ist immer noch sehr schön, aber auch ganz schön seltsam. Es gibt hier einige Sagen, wie z.B. die von Skræphat.

Pfarrer Søffren Jensen (1632–1675), genannt Skræphat, war ziemlich krass drauf. Er trieb nebenberuflich Steuern ein und war dabei nicht zimperlich. Einer Bauersfrau, die nicht das nötige Geld hatte, schlug er so heftig in die Fresse, dass sie daran starb. Obwohl die Sache zunächst vertuscht wurde, fand der Pfarrer keine Ruhe mehr (der arme Mann!). Bis heute wandert er ruhelos und schleppenden Schrittes über die Insel.

Ich habe den jetzt nicht gesehen, war aber auch nicht lange genug auf Lyø, um das nicht zu glauben.

Heute machten wir uns auf den Weg zur Insel Ærø. Langsam werden wir wehmütig, denn die Reise neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Bald sind wir wieder alle in irgendwelchen Städten und machen das, was wir so machen. Noch sind wir allerdings in der Dänischen Südsee. Das wenige, das hier im Grunde möglich ist, bedeutet uns viel und das nutzen wir noch aus.

Obwohl ich heute viel Zeit hatte, komme ich nur schwer mit meinem Roman voran: Doris Lessing – Memoiren einer Überlebenden. Es geht um eine Frau am Fenster, einem Mädchen und einer Wand, durch die man seltsame Dinge sehen kann. Es ist bisher sehr gut, aber ich habe das Gefühl, ich muss jeden Satz fünfmal lesen.

Am Nachmittag legten wir in Søby auf Ærø an. Hier machten einige noch Party, aber ich ging nach einer Partie Fluxx schlafen. Partys mag ich schon im echten Leben nicht.

Ich schlafe übrigens seit einigen Nächten im Salon. Da schnarcht keiner und ich habe mehr (ich bin dort fast alleine) oder weniger (irgendwann in der Nacht werden dort immer Flaschen runtergebracht und mit Schmackes in die Kästen geschmissen) meine Ruhe.

Ach ja, zum Essen gab es Chili con Carne.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

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