Wie bitte?

Manchmal stelle ich mir eine Mockumentary vor, in der ich die Hauptrolle spiele. Eine Kamera verfolgt mich und filmt mich dabei, wie ich versuche, gewisse Dinge zu meistern, die mir schwerfallen. Das ganze wird dann stark überzeichnet und soll die Leute zum Lachen bringen. Ich muss einen Klempner anrufen und während der Wasserpegel in der Wohnung steigt, kommt mir meine Telefonangst in die Quere? Das könnte witzig sein. Ich versuche einem Gespräch zu folgen während im Hintergrund Musik, derer ich mich – egal ob sie mir gefällt oder mich nervt – nicht entziehen kann? – Ich hab gerade nicht verstanden, was du gesagt hast, aber ist dir schon aufgefallen, dass jedes Lied von Pitbull dem gleichen Schema folgt? Und wer bitte ist dieser Dale?

Heute gab es so eine Situation, die man nicht mal überspitzen muss. Das war so seltsam, so etwas passiert eigentlich im wahren Leben nicht. Ich bin auf dem Weg zum Friseur und überlege die ganze Zeit, wie ich zwei Informationen zusammenbringen kann. 1. Ich möchte, dass mir die Haare geschnitten werden. 2. Ich möchte das jetzt bzw. so früh wie möglich. „Hallo ich will zum Haareschneiden. Habt ihr noch was frei?“ Das klingt bescheuert. „Zum Haareschneiden“, ja zu was denn sonst? Da muss es noch eine bessere Lösung geben. Die habe ich jedenfalls nicht gefunden, denn dazu war der Weg zu kurz. Ich stand also schon im vollen Friseursalon am Tresen und sagte: „Hallo ich will zum Haareschneiden. Habt ihr noch was frei?“ Eine Friseurin antwortete etwas, dass ich akustisch nicht verstand und mir wegen des komischen Wortlauts auch nicht herleiten konnte, wahrscheinlich wegen dem Gequatsche der vielen Kunden im Hintergrund, Pitbull lässt grüßen. „Wie bitte?“, fragte ich. Daraufhin sagte sie im gleichen Ton etwas, dass sich wie „Bitte ablegen“ anhörte. „Wie bitte?“, fragte ich. Daraufhin sagte sie definitiv, aber immer noch so monoton: „Bitte ablegen.“ Ich habe nicht gerafft, was sie von mir wollte. Es vergingen ein paar Sekunden, dann sagte ich: „Entschuldigung, ich verstehe Sie nicht.“ Sie wieder „Bitte ablegen“ und ich begann schon fast, die Kamera zu suchen. Ich fragte noch einmal „Wie bitte?“ und nach erneuter Pause sagte ihre Kollegin aus dem Hintergrund: „Die Jacke.“ So kam ich sofort ran, was ich dann auch geschnallt habe. Ich sagte nur noch: „Achso, Sie wollen, dass ich meine Jacke ablege, weil ich gleich rankommen kann. Das ist ja super!“

Im Nachhinein ist das natürlich klar, was die Friseurin wollte. Aber in dieser Situation war das alles ziemlich absurd. Die vielen Gespräche im Hintergrund, die monotone Stimme und das Ablegen. Ich fragte mich, ob ich da je wieder rauskommen werde. In einer Mockumentary wäre hier wohl Fremdschämen angesagt. Da bin ich dann doch froh, dass mir keine Kameras folgen.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

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